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Je tiefer in die – anfangs übersichtlich erscheinende, dann jedoch immer komplexer werdende – Thematik Graffiti eingedrungen wird, desto aussichtsloser erscheint es, den Begriff in einem prägnanten Satz definieren zu können. Von der gekratzten Wandinschrift eines Gladiators über seinen Sieg im antiken Pompeji über den philosophischen Spruch auf dem Klo, das A.C.A.B-Tag an der Schulwand, die mit kalligrafischen Namenszeichen besprühte S-Bahn, das Ultras-Logo am Brückenpfeiler, das Bild einer Almidylle auf dem Hausgiebel bis hin zum gesprayten Leinwandbild in einer Ausstellung – das umgangssprachliche Verständnis von Graffiti ist heute weit gefasst. | Je tiefer in die – anfangs übersichtlich erscheinende, dann jedoch immer komplexer werdende – Thematik Graffiti eingedrungen wird, desto aussichtsloser erscheint es, den Begriff in einem prägnanten Satz definieren zu können. Von der gekratzten Wandinschrift eines Gladiators über seinen Sieg im antiken Pompeji über den philosophischen Spruch auf dem Klo, das ACAB-Tag an der Schulwand, die mit kalligrafischen Namenszeichen besprühte S-Bahn, das Ultras-Logo am Brückenpfeiler, das Bild einer Almidylle auf dem Hausgiebel bis hin zum gesprayten Leinwandbild in einer Ausstellung – das umgangssprachliche Verständnis von Graffiti ist heute weit gefasst. |
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Der Begriff wurde nicht durch die Akteure selbst geprägt, sondern durch Forscher, die – in Anlehnung an die italienische Bezeichnung einer Kratzputztechnik – überlieferte antike, meist gekratzte, ungefragt erstellte Botschaften an den Wänden im urbanen Raum darunter subsummierten. Mit Entstehung und Verbreitung von American Graffiti / Style Writing ab den 1960/70er Jahren in den USA wurde der bereits existierende Begriff – wieder durch Forscher – aufgegriffen und für die meist geschriebenen oder gesprühten, ungefragt und ungenehmigt erstellten Tags, Pieces und Characters im urbanen Raum verwendet. Sowohl im italienischen als auch amerikanischen Ursprung des Wortes steht der Begriff somit für unautorisierte Schriften oder sonstige Darstellungen im öffentlichen Raum. Graffiti sind somit anarchische Botschaften, die sich bewusst außerhalb der etablierten gesetzlichen, moralischen und auch kulturellen Vorgaben und Werte positionieren. | Der Begriff wurde nicht durch die Akteure selbst geprägt, sondern durch Forscher, die – in Anlehnung an die italienische Bezeichnung einer Kratzputztechnik – überlieferte antike, meist gekratzte, eigenmächtig erstellte Botschaften an den Wänden im urbanen Raum darunter subsummierten. Mit Entstehung und Verbreitung von American Graffiti / Style Writing ab den 1960/70er Jahren in den USA wurde der bereits existierende Begriff – wieder durch Forscher – aufgegriffen und für die meist geschriebenen oder gesprühten, ungefragt und ungenehmigt erstellten Tags, Pieces und Characters verwendet. Sowohl im italienischen als auch amerikanischen Ursprung des Wortes steht der Begriff für unbefugt erstellte Schriften oder sonstige Darstellungen im öffentlichen Raum. Graffiti sind somit anarchische Botschaften, die sich bewusst außerhalb der etablierten gesetzlichen, moralischen und auch künstlerisch-kulturellen Vorgaben und Werte positionieren. |
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Im Zuge der Ausbreitung von Style Writing griffen die Medien den Begriff Graffiti auf und verwendeten ihn für alles, was – autorisiert oder unautorisiert erstellt – Ähnlichkeit mit den Darstellungen des American Graffiti hat. Diese Einengung des Begriffs Graffiti prägt heute die gesellschaftliche und teilweise selbst die kulturwissenschaftliche Wahrnehmung des Wortes. In der Szene selbst wird der Begriff Graffiti intern kaum verwendet, sondern meist nur in der Kommunikation mit Außenstehenden genutzt. | Im Zuge der Verbreitung und Popularisierung von Style Writing griffen die Medien den Begriff Graffiti auf und verwendeten ihn für alles, was – befugt oder unbefugt erstellt – Ähnlichkeit mit den Darstellungen des American Graffiti hat. Diese Einengung des Begriffs Graffiti prägt bis heute die gesellschaftliche und teilweise selbst die kulturwissenschaftliche Wahrnehmung des Wortes. In der Szene selbst wird der Begriff Graffiti intern kaum verwendet, sondern meist nur in der Kommunikation mit Außenstehenden genutzt. |
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Das Wiki GRAFFITI INTERDISZIPLINÄR ist am klassischen Graffitibegriff ausgerichtet. Die hier verwendete Definition setzt somit das jahrtausendalte gesellschaftliche Phänomen als Untersuchungsgegenstand und grenzt sich von jeglicher Einengung oder unzulässigen Erweiterung des Verständnisses von Graffiti ab: | Das Wiki GRAFFITI INTERDISZIPLINÄR ist am klassischen Graffitibegriff ausgerichtet. Die hier verwendete Definition setzt somit das jahrtausendalte gesellschaftliche Phänomen als Untersuchungsgegenstand und grenzt sich von jeglicher Einengung oder unzulässigen Erweiterung des Verständnisses von Graffiti ab: |
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**Graffiti verkörpern eine anarchische Kommunikationsform, die unautorisiert erstellte textliche und bildliche Darstellungen zum Inhalt hat.** | **Graffiti verkörpern eine visuelle anarchische Kommunikationsform, bei der die Botschaft mittels unbefugt erstellter schriftlicher und bildlicher Darstellungen verbreitet wird.** |
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Die Charakterisierung als //unautorisiert// – im Sinne von ungefragt und ungenehmigt – ist als Abgrenzung zum umgangssprachlich häufig anzutreffenden Terminus //illegal// zu verstehen, da aus kulturgeschichtlicher, und oft auch juristischer Sicht eher eine moralische Verwerflichkeit als eine strafrechtliche Relevanz der Erstellung von Graffiti zu verzeichnen ist. Autorisiert erstellte Darstellungen im Graffitilook (insbesondere Auftragsarbeiten und Darstellungen auf freigegebenen Flächen oder sonstigen Medien) sind nicht primärer Untersuchungsgegenstand dieses Wikis. Gleichwohl werden diese im Weiteren mit betrachtet, da sie durchaus Bestandteil von Strategien des Umgangs mit "illegalen" Graffiti sein können. | Die Charakterisierung als //unbefugt// – im Sinne von ungefragt, nicht genehmigt, nicht beauftragt – ist als Abgrenzung zum umgangssprachlich häufig anzutreffenden Terminus //illegal// zu verstehen, da aus kulturgeschichtlicher, und oft auch juristischer Sicht eher eine moralisch-soziologische Verwerflichkeit als eine strafrechtliche Relevanz der Erstellung von Graffiti zu verzeichnen ist. Street Art und sonstige nicht unbefugt erstellte Darstellungen im Graffitilook (insbesondere Auftragsarbeiten und Darstellungen auf freigegebenen Flächen oder sonstigen Medien) sind nicht primärer Untersuchungsgegenstand dieses Wikis. Gleichwohl werden diese im Weiteren mit betrachtet, da sie durchaus Bestandteil von Strategien des Umgangs mit "illegalen" Graffiti sein können. |
===== 2. Historische Einordnung ===== | ===== 2. Historische Einordnung ===== |
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Die Bezeichnung "Graffiti" wurde durch Forscher übernommen, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit antiken Graffiti in Ägypten, Griechenland und Italien beschäftigten. Der Begriff wurde dabei einer – vor allem in Italien verbreiteten – Kratzputztechnik an Häuserfassaden entlehnt. | Die Bezeichnung "Graffiti" wurde durch Forscher übernommen, die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts mit antiken Graffiti in Ägypten, Griechenland und Italien beschäftigten. Der Begriff wurde dabei einer – vor allem in Italien verbreiteten – Kratzputztechnik an Häuserfassaden entlehnt. |
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**Graffiti als Bewegung und Massenerscheinung** kamen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Als Katalysator wirkte dabei auch die Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre. Jugendliche aus abgedrängten sozialen Schichten im urbanen Umfeld suchten einen Weg, ihre empfundene und faktische Benachteiligung durch das etablierte System zu artikulieren und zu überwinden. Es ging ihnen jedoch nicht vorrangig um die Abschaffung des Systems. Vielmehr beneideten sie es um Ruhm und Erfolg, die es systemkonformen Menschen bot. Gleichzeitig hassten sie es, da sie wussten, das sie selbst niemals zu diesen gehören würden. Auf der Suche nach Auswegen bedienten sie sich – weitgehend instinktiv – anarchischer Mittel, die in eine Bewegung mündeten, welche heute unter dem Begriff Hip-Hop subsummiert wird. Ein Strang dieser Bewegung griff eine seit langem praktizierte anarchische Kommunikationsform auf – das nichtautorisierte Beschriften des urbanen Raums. Damit war das //Style Writing// geboren, die heute weltweit dominante öffentliche Wahrnehmungsform von Graffiti. Es begann in mehreren amerikanischen Städten und kulminierte Ende der 1960er Jahre in New York. Mehr und mehr Heranwachsende schrieben ihre Pseudonyme mit Filzstiften an die Wände ihres Wohnumfeldes. Bald erweiterten sie ihren Tätigkeitsbereich auf andere Viertel sowie die öffentlichen Verkehrsmittel und entdeckten die Farbsprühdose als geeignetes Werkzeug. Die kryptischen Zeichen verbreiteten sich damit schnell über die gesamte Stadt und erreichten die Wahrnehmung breiter Bevölkerungsschichten, weit über das ursprüngliche Umfeld der Writer hinaus. Style Writing entwickelte sich somit von einer "Ghettoerscheinung" zu einer Bewegung, die sich bald über das gesamte Land und letztlich auch die gesamte Welt verbreitete. Aus der ursprünglichen Ich-bin-da-Botschaft der Namenszeichen entwickelte sich im Streben nach Ruhm und Anerkennung bald ein Wettbewerb um die kreativsten und spektakulärsten Tags, Pieces und Characters. Mit dem Ausbruch aus dem etablierten Normenkorsett schufen sich die Writer eine eigene Szene, die genauso vom Konkurrenzdruck geprägt ist, wie das (gehasste) System, das sie überwinden wollten. Durch die anarchische Wettbewerbs- und Leistungsorientierung des Style Writing entstand eine neue Funktionalität von Graffiti, die es in der jahrtausendealten Geschichte dieses gesellschaftlichen Phänomens vorher noch nie gegeben hatte. | **Graffiti als Bewegung und Massenerscheinung** kamen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Als Katalysator wirkte dabei auch die Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre. Jugendliche aus abgedrängten sozialen Schichten im urbanen Umfeld suchten einen Weg, ihre empfundene und faktische Benachteiligung durch das etablierte System zu artikulieren und zu überwinden. Es ging ihnen jedoch nicht vorrangig um die Abschaffung des Systems. Vielmehr beneideten sie es um Ruhm und Erfolg, die es systemkonformen Menschen bot. Gleichzeitig hassten sie es, da sie wussten, das sie selbst niemals zu diesen gehören würden. Auf der Suche nach Auswegen bedienten sie sich – weitgehend instinktiv – anarchischer Mittel, die in eine Bewegung mündeten, welche heute unter dem Begriff Hip-Hop subsummiert wird. Ein Strang dieser Bewegung griff eine seit langem praktizierte anarchische Kommunikationsform auf – das unbefugte Beschriften des urbanen Raums. Damit war das //Style Writing// geboren, die heute weltweit dominante öffentliche Wahrnehmungsform von Graffiti. Es begann in mehreren amerikanischen Städten und kulminierte Ende der 1960er Jahre in New York. Mehr und mehr Heranwachsende schrieben ihre Pseudonyme mit Filzstiften an die Wände ihres Wohnumfeldes. Bald erweiterten sie ihren Tätigkeitsbereich auf andere Viertel sowie die öffentlichen Verkehrsmittel und entdeckten die Farbsprühdose als geeignetes Werkzeug. Die kryptischen Zeichen verbreiteten sich damit schnell über die gesamte Stadt und erreichten die Wahrnehmung breiter Bevölkerungsschichten, weit über das ursprüngliche Umfeld der Writer hinaus. Style Writing entwickelte sich somit von einer "Ghettoerscheinung" zu einer Bewegung, die sich bald über das gesamte Land und letztlich auch die gesamte Welt verbreitete. Aus der ursprünglichen Ich-bin-da-Botschaft der Namenszeichen entwickelte sich im Streben nach Ruhm und Anerkennung bald ein Wettbewerb um die kreativsten und spektakulärsten Tags, Pieces und Characters. Mit dem Ausbruch aus dem etablierten Normenkorsett schufen sich die Writer eine eigene Szene, die genauso vom Konkurrenzdruck geprägt ist, wie das (gehasste) System, das sie überwinden wollten. Durch die anarchische Wettbewerbs- und Leistungsorientierung des Style Writing entstand eine neue Funktionalität von Graffiti, die es in der jahrtausendealten Geschichte dieses gesellschaftlichen Phänomens vorher noch nie gegeben hatte. |
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Bereits Anfang der 1970er Jahre setzte in den USA eine zunehmende Kommerzialisierung von Graffiti ein, die mit dem globalen Siegeszug des American Graffiti Mitte der 1980er Jahre weltweit expandierte. Dies war auch der Zeitpunkt, als eine bis heute anhaltende Verengung der Wahrnehmung von Graffiti als Style Writing in der Öffentlichkeit und weiten Teilen der Forschung einsetzte. Im Fahrwasser der Kommerzialisierung erreichten Legitimierungsversuche für Graffiti vor allem als Kunstform breitere Schichten der Bevölkerung. | Bereits Anfang der 1970er Jahre setzte in den USA eine zunehmende Kommerzialisierung von Graffiti ein, die mit dem globalen Siegeszug des American Graffiti Mitte der 1980er Jahre weltweit expandierte. Dies war auch der Zeitpunkt, als eine bis heute anhaltende Verengung der Wahrnehmung von Graffiti als Style Writing in der Öffentlichkeit und weiten Teilen der Forschung einsetzte. Im Fahrwasser der Kommerzialisierung erreichten Legitimierungsversuche für Graffiti vor allem als Kunstform breitere Schichten der Bevölkerung. |
Graffiti im engeren Sinne, haben mittlerweile aus künstlerisch-kultureller Sicht mehr oder weniger weitgehende Akzeptanz in Teilen der Bevölkerung erlangt. Städte geben Flächen zum legalen Sprühen frei und selbst einige Volkshochschulen bieten Kunstkurse zum Erlernen des Graffitisprühens an. Diese Akzeptanz beruht weitgehend auf einem eingeengten Verständnis von Graffiti als künstlerische Betätigung, lässt jedoch das eigentliche Wesen von Graffiti als anarchische Kommunikationsform größtenteils außer Acht. Dennoch werden Graffiti durch den Großteil der Eigentümer der betroffenen Flächen als Missachtung und Beschädigung ihres Eigentums und durch unbeteiligte Dritte als Verschandelung und Störung der öffentlichen Ordnung bewertet und regelmäßig mit einer Straftat in Verbindung gebracht. Wenngleich wissenschaftlich kein Zusammenhang zwischen Quantität und Qualität tatsächlich begangener Straftaten und dem subjektiven Empfinden der Bürger über den Zustand der öffentlichen Ordnung nachweisbar ist, bleibt festzuhalten, dass Verwahrlosungserscheinungen wie leer stehende und verfallene Häuser, die Graffiti nach sich ziehen oder auch ein allgemein übermäßiges Graffitiaufkommen von vielen Bürgern als Störung staatlicher Ordnung und Gewalt sowie teilweise als Vorzeichen generellen gesellschaftlichen Verfalls wahrgenommen werden. | Graffiti im engeren Sinne, haben mittlerweile aus künstlerisch-kultureller Sicht mehr oder weniger weitgehende Akzeptanz in Teilen der Bevölkerung erlangt. Städte geben Flächen zum legalen Sprühen frei und selbst einige Volkshochschulen bieten Kunstkurse zum Erlernen des Graffitisprühens an. Diese Akzeptanz beruht weitgehend auf einem eingeengten Verständnis von Graffiti als künstlerische Betätigung, lässt jedoch das eigentliche Wesen von Graffiti als anarchische Kommunikationsform größtenteils außer Acht. Dennoch werden Graffiti durch den Großteil der Eigentümer der betroffenen Flächen als Missachtung und Beschädigung ihres Eigentums und durch unbeteiligte Dritte als Verschandelung und Störung der öffentlichen Ordnung bewertet und regelmäßig mit einer Straftat in Verbindung gebracht. Wenngleich wissenschaftlich kein Zusammenhang zwischen Quantität und Qualität tatsächlich begangener Straftaten und dem subjektiven Empfinden der Bürger über den Zustand der öffentlichen Ordnung nachweisbar ist, bleibt festzuhalten, dass Verwahrlosungserscheinungen wie leer stehende und verfallene Häuser, die Graffiti nach sich ziehen oder auch ein allgemein übermäßiges Graffitiaufkommen von vielen Bürgern als Störung staatlicher Ordnung und Gewalt sowie teilweise als Vorzeichen generellen gesellschaftlichen Verfalls wahrgenommen werden. |
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Dennoch differenziert auch der durchschnittliche Bürger Graffiti nach deren Qualität und lehnt diese nicht generell als hässlich und unästhetisch ab. Ästhetisch empfundene legale Graffiti werden dabei durchaus auch als Bereicherung des Stadtbildes angesehen. Interessanterweise decken sich die szeneinternen Bewertungen der qualitativen Hochwertigkeit und Ästhetik von Graffiti weitgehend mit denen von Außenstehenden. Eine Akzeptanz selbst hochwertiger Graffiti auf nichtautorisierten Flächen ist jedoch außerhalb der Szene kaum ausgeprägt. | Dennoch differenziert auch der durchschnittliche Bürger Graffiti nach deren Qualität und lehnt diese nicht generell als hässlich und unästhetisch ab. Ästhetisch empfundene legale Graffiti werden dabei durchaus auch als Bereicherung des Stadtbildes angesehen. Interessanterweise decken sich die szeneinternen Bewertungen der qualitativen Hochwertigkeit und Ästhetik von Graffiti weitgehend mit denen von Außenstehenden. Eine Akzeptanz selbst hochwertiger Graffiti, wenn unbefugt auf fremdem Eigentum oder Objekten mit öffentlichem Interesse erstellt, ist jedoch außerhalb der Szene kaum ausgeprägt. |
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===== 6. Wissenschaftliche Auseinandersetzung ===== | ===== 6. Wissenschaftliche Auseinandersetzung ===== |
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Das jahrtausendealte gesellschaftliche Phänomen der unautorisierten Zeichen im urbanen Raum sah vom Selbstverständnis her seine Botschaften originär nie oder höchstens marginal als Kunstwerke. Dennoch gab und gibt es immer wieder gesellschaftliche Kontroversen, ob Graffiti in die Kategorie Kunst einzuordnen sind. Insbesondere seit der Ausbreitung des Style Writing anfangs der 1970er Jahre wird diese Frage in Teilen der Bevölkerung zunehmend – wenn auch mit Einschränkungen – bejaht. Dabei ist die Antwort auf die Frage „Sind Graffiti Kunst?“ keineswegs eine belanglose Formalie. Die Freiheit der Kunst ist ein in Deutschland konstitutionell geschütztes, besonders weitreichendes und umfassend staatlich gefördertes Grundrecht. Somit bringt die Einordnung von Graffiti innerhalb oder außerhalb der Kunst Konsequenzen mit sich, die sich in höchst konträren staatlich-institutionellen Maßnahmen manifestieren. | Das jahrtausendealte gesellschaftliche Phänomen der anarchischen Zeichen im urbanen Raum sah vom Selbstverständnis her seine Botschaften originär nie oder höchstens marginal als Kunstwerke. Dennoch gab und gibt es immer wieder gesellschaftliche Kontroversen, ob Graffiti in die Kategorie Kunst einzuordnen sind. Insbesondere seit der Ausbreitung des Style Writing anfangs der 1970er Jahre wird diese Frage in Teilen der Bevölkerung zunehmend – wenn auch mit Einschränkungen – bejaht. Dabei ist die Antwort auf die Frage „Sind Graffiti Kunst?“ keineswegs eine belanglose Formalie. Die Freiheit der Kunst ist ein in Deutschland konstitutionell geschütztes, besonders weitreichendes und umfassend staatlich gefördertes Grundrecht. Somit bringt die Einordnung von Graffiti innerhalb oder außerhalb der Kunst Konsequenzen mit sich, die sich in höchst konträren staatlich-institutionellen Maßnahmen manifestieren. |
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Da der Begriff „Kunst“ durch die Gesetzgeber in keine feste Definition gefasst wurde (jedoch nicht beliebig anwendbar sein kann), soll hier als Kunstwerk verstanden werden, was – unter Vernachlässigung des handwerklichen Niveaus und ästhetischer Maßstäbe – in einem schöpferischen menschlichen Prozess entsteht und außer sich selbst kommunikativ zu vermitteln keine weiteren eindeutig zuordenbaren Funktionen innehat. Selbst in diesem eng gefassten Verständnis von Kunst lassen sich die meisten Tags, Throw-Ups, Pieces und Characters im Rahmen des Style Writing durchaus als Kunst einordnen, da sie außer sich selbst in Form von Namen (Pseudonymen) und figürlichen Elementen nichts weiter vermitteln. | Da der Begriff „Kunst“ durch die Gesetzgeber in keine feste Definition gefasst wurde (jedoch nicht beliebig anwendbar sein kann), soll hier als Kunstwerk verstanden werden, was – unter Vernachlässigung des handwerklichen Niveaus und ästhetischer Maßstäbe – in einem schöpferischen menschlichen Prozess entsteht und außer sich selbst kommunikativ zu vermitteln keine weiteren eindeutig zuordenbaren Funktionen innehat. Selbst in diesem eng gefassten Verständnis von Kunst lassen sich die meisten Tags, Throw-Ups, Pieces und Characters im Rahmen des Style Writing durchaus als Kunst einordnen, da sie außer sich selbst in Form von Namen (Pseudonymen) und figürlichen Elementen nichts weiter vermitteln. |
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Sind damit Graffiti generell unter den konstitutionellen Schutzschirm der Kunstfreiheit zu stellen? Hier versagt die aktuelle Rechtsprechung unmissverständlich die Ausdehnung der Kunstfreiheit auf die unautorisierte Beeinträchtigung fremden Eigentums. Erfolgt die Graffitierstellung hingegen im legalen Kontext, kommt die Kunstfreiheit zum Tragen. Nur handelt es sich dabei dann nicht mehr um Graffiti im klassischen Sinne, sondern um graffitiähnliche Werke, auch wenn sie wie Graffiti aussehen und umgangssprachlich als Graffiti bezeichnet werden. Das beauftragte Disneylandmotiv auf einem Hausgiebel ist schlichtweg kein Graffito, auch wenn es gesprayt und mit Tags versehen wurde. Es ist vielmehr durch Graffiti inspirierte Kunst (oder auch Handwerk), die sowohl formale Ähnlichkeiten als auch fundamentale Wesensfremde aufweist. | Sind damit Graffiti generell unter den konstitutionellen Schutzschirm der Kunstfreiheit zu stellen? Hier versagt die aktuelle Rechtsprechung unmissverständlich die Ausdehnung der Kunstfreiheit auf die unbefugte Beeinträchtigung fremden Eigentums oder von Objekten mit öffentlichem Interesse. Erfolgt die Graffitierstellung hingegen im legalen Kontext, kommt die Kunstfreiheit zum Tragen. Nur handelt es sich dabei dann nicht mehr um Graffiti im klassischen Sinne, sondern um graffitiähnliche Werke, auch wenn sie wie Graffiti aussehen und umgangssprachlich als Graffiti bezeichnet werden. Das beauftragte Disneylandmotiv auf einem Hausgiebel ist schlichtweg kein Graffito, auch wenn es gesprayt und mit Tags versehen wurde. Es ist vielmehr durch Graffiti inspirierte Kunst (oder auch Handwerk), die sowohl formale Ähnlichkeiten als auch fundamentale Wesensfremde aufweist. |
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Obwohl von Teilen der Szene vehement abgelehnt, sind seit Entstehung des Style Writing immer wieder Versuche der Annäherung von etablierter Kunst und Graffiti zu verzeichnen, die – aufgrund der Wesensfremde beider Gebilde – regelmäßig in Desillusionierung oder sogar Enttäuschung enden; genauso regelmäßig aber durch nachwachsende Generation wiederbelebt werden. In der Tat besteht zwischen Graffiti und Kunst eine gegenseitige magische Anziehungskraft. Erstere sind beeindruckt von den Möglichkeiten und Ressourcen, über die das etablierte Kunstsystem verfügt und würden diese gerne für sich selbst nutzen; letztere beneidet die Kreativität von Graffiti ohne einengende Vorgaben, ohne Zugangsschranken und vermeintlich ohne ökonomische Zwänge. Dennoch sind Graffiti (als anarchische Kommunikationsform außerhalb des gesetzlich-moralischen Normenkorsetts der Gesellschaft) und etablierte Kunst (als staatlich geförderte Einrichtung, die ohne Einhaltung zumindest elementarer gesetzlich-moralischer Vorgaben gar nicht lebensfähig wäre) dauerhaft ohne Wesensaufgabe auf beiden Seiten nicht vereinbar. | Obwohl von Teilen der Szene vehement abgelehnt, sind seit Entstehung des Style Writing immer wieder Versuche der Annäherung von etablierter Kunst und Graffiti zu verzeichnen, die – aufgrund der Wesensfremde beider Gebilde – regelmäßig in Desillusionierung oder sogar Enttäuschung enden; genauso regelmäßig aber durch nachwachsende Generation wiederbelebt werden. In der Tat besteht zwischen Graffiti und Kunst eine gegenseitige magische Anziehungskraft. Erstere sind beeindruckt von den Möglichkeiten und Ressourcen, über die das etablierte Kunstsystem verfügt und würden diese gerne für sich selbst nutzen; letztere beneidet die Kreativität von Graffiti ohne einengende Vorgaben, ohne Zugangsschranken und vermeintlich ohne ökonomische Zwänge. Dennoch sind Graffiti (als anarchische Kommunikationsform außerhalb des gesetzlich-moralischen Normenkorsetts der Gesellschaft) und etablierte Kunst (als staatlich geförderte Einrichtung, die ohne Einhaltung zumindest elementarer gesetzlich-moralischer Vorgaben gar nicht lebensfähig wäre) dauerhaft ohne Wesensaufgabe auf beiden Seiten nicht vereinbar. |
Die gesellschaftliche Einordnung des Phänomens Graffiti unterliegt ständigen Anpassungen im wandelnden Zeitgeist. Alle bisher praktisch umgesetzten und größtenteils fehlgeschlagenen Konzeptionen zum Umgang mit Graffiti sind vorwiegend eindimensional ausgerichtet und bewegen sich in einem Rahmen, der durch kompromisslose Bekämpfung als Straftat und unreflektierter Förderung als künstlerisch-kultureller Singularität beidseitig abgegrenzt ist. Soziale und sozialpsychologische Aspekte des Phänomens, die dessen Wesen ausmachen, werden dabei größtenteils außer Acht gelassen. Überlieferte Versuche der erfolglosen Bekämpfung illegaler Graffiti reichen bis ins alte Rom zurück. Ein repräsentatives Beispiel aus jüngster Vergangenheit in Deutschland ist das Erstarken der Anti-Graffiti-Bewegung anfangs der 2000er Jahre, die letztlich zu einer Verschärfung des Strafrechts führte, welche die leichtere Einordnung von Graffiti als Straftat ermöglichen sollte. Die heutige gesellschaftspolitische Sicht auf Graffiti in Deutschland ist dagegen eher von einer liberalen Annäherung geprägt. | Die gesellschaftliche Einordnung des Phänomens Graffiti unterliegt ständigen Anpassungen im wandelnden Zeitgeist. Alle bisher praktisch umgesetzten und größtenteils fehlgeschlagenen Konzeptionen zum Umgang mit Graffiti sind vorwiegend eindimensional ausgerichtet und bewegen sich in einem Rahmen, der durch kompromisslose Bekämpfung als Straftat und unreflektierter Förderung als künstlerisch-kultureller Singularität beidseitig abgegrenzt ist. Soziale und sozialpsychologische Aspekte des Phänomens, die dessen Wesen ausmachen, werden dabei größtenteils außer Acht gelassen. Überlieferte Versuche der erfolglosen Bekämpfung illegaler Graffiti reichen bis ins alte Rom zurück. Ein repräsentatives Beispiel aus jüngster Vergangenheit in Deutschland ist das Erstarken der Anti-Graffiti-Bewegung anfangs der 2000er Jahre, die letztlich zu einer Verschärfung des Strafrechts führte, welche die leichtere Einordnung von Graffiti als Straftat ermöglichen sollte. Die heutige gesellschaftspolitische Sicht auf Graffiti in Deutschland ist dagegen eher von einer liberalen Annäherung geprägt. |
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Der Umgang mit Graffiti durch Staat, Bürger und die Akteure selbst kann jedoch dauerhaft nur erfolgreich sein und befriedet werden, wenn das Wesen von Graffiti – als anarchische, vorwiegend jugendliche Kommunikationsform, mit der jenseits der Einengungen des reglementierten sozialen Umfelds die Wahrnehmung anderer erlangt werden soll – von allen Beteiligten erkannt und umgesetzt wird. Dies bedeutet, dass es (unautorisierte) Graffiti nur deshalb gibt, weil sie ein außergewöhnlich effektives Kommunikationsmittel darstellen, das um so wirksamer ist, je stärker die Botschaft durch die Adressaten reflektiert wird. Dabei kommt es größtenteils nicht darauf an, ob diese Reflexion positiv oder negativ ist. Wichtig ist lediglich, dass sie erfolgt und möglichst heftig ist. Die Existenz von Graffiti und der Misserfolg ihrer Bekämpfungs- oder Assimilierungsversuche beruhen somit auf dem Umstand, dass sich menschliche Kommunikation, die wirksam ist, da sie stark reflektiert wird, niemals dauerhaft unterdrücken lassen wird. | Der Umgang mit Graffiti durch Staat, Bürger und die Akteure selbst kann jedoch dauerhaft nur erfolgreich sein und befriedet werden, wenn das Wesen von Graffiti – als anarchische, vorwiegend jugendliche Kommunikationsform, mit der jenseits der Einengungen des reglementierten sozialen Umfelds die Wahrnehmung anderer erlangt werden soll – von allen Beteiligten erkannt und umgesetzt wird. Dies bedeutet, dass es (unbefugt erstellte) Graffiti nur deshalb gibt, weil sie ein außergewöhnlich effektives Kommunikationsmittel darstellen, das um so wirksamer ist, je stärker die Botschaft durch die Adressaten reflektiert wird. Dabei kommt es größtenteils nicht darauf an, ob diese Reflexion positiv oder negativ ist. Wichtig ist lediglich, dass sie erfolgt und möglichst heftig ist. Die Existenz von Graffiti und der Misserfolg ihrer Bekämpfungs- oder Assimilierungsversuche beruhen somit auf dem Umstand, dass sich menschliche Kommunikation, die wirksam ist, da sie stark reflektiert wird, niemals dauerhaft unterdrücken lassen wird. |
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Im Umkehrschluss lässt sich daraus herleiten, dass (unautorisierte) Graffiti nur verschwänden, wenn sie keinerlei Reflexion mehr erfahren und somit als Kommunikationsmittel untauglich werden würden. Eine Entwicklung in diese Richtung erscheint jedoch aus aller bisherigen Erfahrung gänzlich unmöglich. Die Eigentümer der Wände werden weiter auf ihre gesetzlich verbrieften Rechte pochen; die Sprayer werden weiter den aus ihrer Sicht moralisch legitimen freien Zugang zu den Wänden im urbanen Raum einfordern; Politiker werden die Sprayer weiterhin – je nach Gusto – als Kriminelle oder Schutzbefohlene betrachten; Stadtverwaltungen werden weiter zwischen der Bekämpfung von illegalen Graffiti und deren legaler Förderung als kulturelle Singularität umherirren und die Medien werden weiter über dies alles öffentlichkeitswirksam berichten. | Im Umkehrschluss lässt sich daraus herleiten, dass (unbefugt erstellte) Graffiti nur verschwänden, wenn sie keinerlei Reflexion mehr erfahren und somit als Kommunikationsmittel untauglich werden würden. Eine Entwicklung in diese Richtung erscheint jedoch aus aller bisherigen Erfahrung gänzlich unmöglich. Die Eigentümer der Wände werden weiter auf ihre gesetzlich verbrieften Rechte pochen; die Sprayer werden weiter den aus ihrer Sicht moralisch legitimen freien Zugang zu den Wänden im urbanen Raum einfordern; Politiker werden die Sprayer weiterhin – je nach Gusto – als Kriminelle oder Schutzbefohlene betrachten; Stadtverwaltungen werden weiter zwischen der Bekämpfung von illegalen Graffiti und deren legaler Förderung als kulturelle Singularität umherirren und die Medien werden weiter über dies alles öffentlichkeitswirksam berichten. |
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Wird die Schlussfolgerung, dass Graffiti als Kommunikationsform um so wirksamer sind, je stärker sie reflektiert werden, konsequent weitergedacht, ergibt sich zwangsläufig die Erkenntnis, dass jegliches zusätzliches Engagement im gesellschaftlichen Umgang mit Graffiti deren Aufkommen erhöht. Aktivitäten wie die Schaffung legaler Wände, die Durchführung von Graffitispraykursen, Graffitiausstellungen, Förderung von Graffiti als Kunst, ja selbst die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Graffiti (auch dieses Wiki GRAFFITI INTERDISZIPLINÄR) werden letztlich das quantitative Aufkommen von Graffiti erhöhen. Alle diesbezüglichen wissenschaftlichen Studien kommen dabei zum Schluss, dass mit der Erhöhung des Aufkommens legaler graffitinaher Aktivitäten auch immer das Aufkommen unautorisierter Graffiti einhergeht. | Wird die Schlussfolgerung, dass Graffiti als Kommunikationsform um so wirksamer sind, je stärker sie reflektiert werden, konsequent weitergedacht, ergibt sich zwangsläufig die Erkenntnis, dass jegliches zusätzliches Engagement im gesellschaftlichen Umgang mit Graffiti deren Aufkommen erhöht. Aktivitäten wie die Schaffung legaler Wände, die Durchführung von Graffitispraykursen, Graffitiausstellungen, Förderung von Graffiti als Kunst, ja selbst die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Graffiti (auch dieses Wiki GRAFFITI INTERDISZIPLINÄR) werden letztlich das quantitative Aufkommen von Graffiti erhöhen. Alle diesbezüglichen wissenschaftlichen Studien kommen dabei zum Schluss, dass mit der Erhöhung des Aufkommens legitimer graffitinaher Aktivitäten auch immer das Aufkommen unbefugt erstellter Graffiti einhergeht. |
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Im Kontext geltenden Rechts sind Stadtverwaltungen und sonstige staatliche Einrichtungen von Amts wegen gehalten, durch Präventionsmaßnahmen das Aufkommen unerwünschter Graffiti zu verringern. Dabei stellen sie schnell fest, dass es keine neutrale, sachkundige und kompetente Instanz gibt, die ihnen bei dieser Problematik wissenschaftlich fundierte und nachhaltig-wirksame Lösungen aufzeigen kann. Eine integrative, interdisziplinäre Graffitiforschung ist nicht vorhanden. Die einzige permanente wissenschaftliche Einrichtung mit Graffitibezug, das Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID), ist durch die Disziplinen Sprachwissenschaft und Kunstgeschichte dominiert. Abgesehen davon, dass es nicht Inhalt dieser beiden Forschungsdisziplinen ist, Graffitipräventionsmaßnahmen aufzuzeigen, können die eingebundenen Forscherinnen und Forscher – bei aller gebotenen akademischen Neutralität – kein Interesse an der Abschaffung ihres Forschungsgegenstandes haben. | Im Kontext geltenden Rechts sind Stadtverwaltungen und sonstige staatliche Einrichtungen von Amts wegen gehalten, durch Präventionsmaßnahmen das Aufkommen unerwünschter Graffiti zu verringern. Dabei stellen sie schnell fest, dass es keine neutrale, sachkundige und kompetente Instanz gibt, die ihnen bei dieser Problematik wissenschaftlich fundierte und nachhaltig-wirksame Lösungen aufzeigen kann. Eine integrative, interdisziplinäre Graffitiforschung ist nicht vorhanden. Die einzige permanente wissenschaftliche Einrichtung mit Graffitibezug, das Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID), ist durch die Disziplinen Sprachwissenschaft und Kunstgeschichte dominiert. Abgesehen davon, dass es nicht Inhalt dieser beiden Forschungsdisziplinen ist, Graffitipräventionsmaßnahmen aufzuzeigen, können die eingebundenen Forscherinnen und Forscher – bei aller gebotenen akademischen Neutralität – kein Interesse an der Abschaffung ihres Forschungsgegenstandes haben. |